In Deutschland befindet sich die Travestie auf Höhenflug. Manche schaffen es zu einem eigenen Stern, andere tingeln durch zweitklassige Clubs und schaden der Kunst der Verwandlung mehr als sie ihr nützen. Zora weiß, was sie will. Die Vorbereitungszeit hat sie gut genutzt, bevor sie zusammen mit ihren ersten Partnern als Carte Blanche überrascht. „Ich muss anders sein als andere“, lautet ihr Credo. Angeregt von verschiedenen Truppen stellt sie weniger die Einzelleistung als vielmehr das Ensemblespiel in den Mittelpunkt. Die vorhandenen bescheidenen finanziellen Mittel werden in Kostüme, Perücken, Make-Ups investiert; denn davon geht die erste Wirkung aus. Noch liegt der Hauptakzent auf Starparodien, Playback und Comedy, doch die ersten Revueelemente sind nicht zu übersehen. Und: Schon die erste Show wird mit dem gemeinsamen Abschminken beendet.
Den Namen Carte Blanche wählte Zora mit Bedacht. Carte Blanche ist die weiße Karte, die früher bei einem französischen Kartenspiel noch mitgeliefert wurde. Sie bedeutet unbegrenzte Vollmacht. Mit ihr stehen dem Spieler alle Möglichkeiten offen. Zora wartet nicht, bis Engagements ins Haus flattern, was sowieso Zufall gewesen wäre, da der Name Carte Blanche weitgehend unbekannt war, sondern ging, wie es in der Branche heißt „Klinken putzen“. Zunächst in der Umgebung und mit mäßigem Erfolg. Die Truppenchefin zog ihre Kreise immer weiter.
Eine Schlüsselrolle spielte das Kölner Theater „Senftöpfchen“. Die dortige Chefin zeigte Interesse und bedingte sich ein Vorspiel aus. Das muss ihr gefallen haben. Sie engagierte das zu dieser Zeit vierköpfige Travestieensemble. Ihre einzigen Prämissen: „Die Bühne darf nicht eine Sekunde leer sein, und ein Cabaret-Girl muss immer lächeln.“ Zora führte durchs Programm. Großartiger Erfolg und weitere Engagements über Jahre.
Der unaufhaltsame Aufstieg von Carte Blanche erreichte um 1988 seinen ersten Höhepunkt. Die Engagements Angebote häuften sich, so dass man auswählen konnte. Die Truppe wurde für Messen, Großveranstaltungen, Theatergastspiele verpflichtet. Der Ruf übersprang Ländergrenzen. Mittlerweile gastierte Carte Blanche in allen deutschsprachigen und weiteren europäischen Ländern, eingeschlossen der Schweiz, in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Spanien und Portugal.